Knapp 200 hören aufrüttelnden Vortrag von Dr. Udo Engelhardt
Was ist der Zusammenhang zwischen Kanarienvögeln, Korallenriffen und dem Klima? Diese Frage beantwortete Udo Engelhardt in seinem Vortrag ‘Klima 2.0’ – Was kommt! Was tun?, den er gleich zweimal am Archigymnasium hielt – im September vor den Jahrgangsstufen Eph und Q1 und jetzt auch für die Jahrgangsstufen Q2 und 9.
Der Soester Meeresbiologe ist ein weltweit renommierter Experte für Korallenriffökologie, der in Australien studiert und promoviert hat, jahrelang am Great Barrier Reef in Australien und den Korallenriffen auf den Seychellen geforscht hat und dabei vor über 20 Jahren mit den Auswirkungen des Klimawandels in Kontakt kam. Denn so wie Kanarienvögel in früheren Zeiten im Bergbau eingesetzt wurden, weil sie bei einer ansteigenden Konzentration giftiger Grubengase ohnmächtig wurden und so die Bergleute warnten, sind Korallenriffe Indikatoren für die ansteigende Erwärmung der Erde: Bei zu hohen Wassertemperaturen sterben die Korallen binnen kurzer Zeit ab.
So kam Dr. Engelhardt vor zwanzig Jahren von der Meeresbiologie zur Klimafolgenforschung und hat sich mittlerweile ganz der Klimakommunikation verschrieben, um über die drohende Klimakatastrophe aufzuklären und zu motivieren, die Möglichkeiten zu nutzen, die sich noch bieten, um sie abzuwenden. Am Archigymnasium führte er den Schülern eindringlich vor Augen, wie stark sich weltweit seit Beginn der Industrialisierung die CO2-Werte in der Atmosphäre erhöht haben und wie stark und rasant die Erderwärmung voranschreitet, weshalb Wissenschaftler mittlerweile nicht mehr nur von Klimawandel, sondern von Klimanotstand oder Klimakrise sprechen. Anschaulich untermauert durch viele Fotos, Grafiken, Daten und Beispiele erklärte der Wissenschaftler den Schülern, dass es keinerlei Zweifel daran gibt, dass die Erderwärmung menschengemacht ist und durch klimaschädliche Gase verursacht wird, die durch das Verbrennen von Öl, Kohle und Gas entstehen.
Unser Urklima, in dem die Menschheit entstanden ist und begonnen hat, Landwirtschaft und Städtebau zu betreiben, nennt Dr. Engelhardt ‘Klima 1.0’. ‘Klima 2.0’ ist eine neue Version des Klimas, in der wir seit der Industrialisierung unsere Wohlfühltemperatur verlassen. Was wir unbedingt vermeiden müssen, ist das Klima 3.0, das führte der Klimaforscher sehr eindringlich vor Augen: Wir haben in der globalen Erderwärmung einen Kipp-Punkt, an dem sich der Temperaturanstieg nochmals beschleunigen wird und sich nicht mehr zurückdrehen lassen wird, gleich einem Dominoeffekt. Die gängige Schätzung besagt, dass dieser Kipp-Punkt erreicht wird, wenn die globale Temperatur um etwa 2 Grad über der bisher üblichen Durchschnittstemperatur liegt. Wenn wir so weitermachen wie bisher, können wir diesen Kipp-Punkt schon in zehn Jahren erreichen. Mithilfe zahlreicher Fotos erfuhren die Schüler etwas über die Indikatoren, die das Erreichen dieses Kipp-Punkts anzeigen, wie das Absterben der Korallenriffe, das Schmelzen der Gletscher und des polaren Meereises, das Auftauen des Permafrosts sowie Veränderungen der Meeresströmungen und der Klimazonen.
Was tun? Dass es jetzt noch eine Möglichkeit gibt, die Klimakatastrophe abzuwenden, stellte Udo Engelhardt zum Abschluss seines Vortrags heraus: Eine konsequente Energiewende ohne Verwendung von fossilen Energien kann das Klima 3.0 verhindern. Der Forscher ermunterte die Schüler, über dieses existentielle Problem zu sprechen und sich, wenn sie demnächst an Wahlen teilnehmen dürfen, zu informieren, wie die Politiker sich dazu positionieren.
Die Rückmeldungen der Schüler zum Vortrag und zur langen Diskussionrunde im Anschluss reichten von „sehr informativ und lehrreich“, „erschreckend gut“ bis „fesselnd“, sie reagierten zudem betroffen, aber auch positiv auf den Vortrag: „Der Vortrag öffnet einem die Augen“, „In seinem Vortrag bringt er uns den Klimawandel und seine enormen Auswirkungen näher“ und „Angesichts der anschaulichen Graphiken wurde uns schnell bewusst, wie dramatisch die Lage der Erde momentan ist und werden wird“, so einige Rückmeldungen von Schülern aus der Q2.
Positiv wahrgenommen wurde zudem die Aufforderung von Herrn Dr. Engelhardt, jetzt zu handeln und sich zu engagieren. So meldeten einige Schüler zurück: „Der Vortrag war echt motivierend, weiter für den Umweltschutz einzustehen und Fridays for Future zu unterstützen.“, „Er hat einen zum Nachdenken gebracht und er hat mich dazu bewegt, mehr auf die Nachhaltigkeit zu achten“ und „Durch unser politisches Engagement könnten diese [Lösungsvorschläge] (besser) durchgesetzt werden. Das weite Spektrum von solchen Vorschlägen hat mich überrascht“.
P. Schnell
(MINT-Koordination)